Nach einer unruhigen Nacht höre ich meinen Wecker klingeln, aber eigentlich bin ich schon wach. Die Knochen sind müde, einige Muskeln machen sich bemerkbar und mein Nacken bemängelt die Qualität meiner Schlafstätte. Neben meinem Kopf sehe ich Füße, deren Besitzer in Flip Flops oder Badelatschen, einen Kulturbeutel unter dem Arm, Richtung Umkleide laufen…..
Die Szenerie beschreibt das Aufwachen an einem beliebigen Tag der Rennfietsentour.
Bei der Rennfietsentour fahren 50 Teilnehmer am langen Wochenende über Christi Himmelfahrt eine Strecke von 600 km, um Spenden für Kinder zu sammeln. Das Ziel: jeden gefahrenen Kilometer für 1,-€ zu „verkaufen“. Das Spendenziel liegt also bei 600,- € pro Teilnehmer. Aus Erfahrung sei gesagt: Es gibt Jahre, da ist dieser Betrag erreichbar. Es gibt Jahre, da ist dieser Betrag nicht erreichbar. Aber der Wille ist ungebrochen und das Wissen, dass sich die Mühe immer wieder lohnt, spornen uns an 🙂 .
Gesammelt wird für die Agapedia Stiftung von Jürgen Klinsmann und für den Roten Keil aus Senden.
Als ich vor sechs Jahren zum ersten Mal an einer Rennfietsentour teilnahm, reizte mich die Strecke. 600 km in vier Tagen schien mir ein perfektes Grundlagentraining für die Wettkämpfe im Sommer und Herbst zu sein. Wenn man dabei auch noch mit anderen radbegeisterten Menschen unterwegs ist: um so besser. Klar habe ich auch damals schon Spenden gesammelt, aber im Nachhinein muss ich mir eingestehen, es wäre mehr möglich gewesen.
Und dann kam Christi Himmelfahrt 2017. Check-in am Flughafen Münster Osnabrück, Aufstellen in vier Gruppen mit Guides. Mir brachte das zwei Erkenntnisse. Erstens: Die Organisation, um die Menge an Rennradfahrern versorgen zu können, ist gigantisch und bedarf eines eingespielten Teams (Verpflegung für die Pausen, Besenwagen inkl. Reparaturmöglichkeit bei Defekten, Leitfahrzeug, Straßensperren, um dem „Feld“ eine Überquerung zu ermöglichen, und vieles mehr).
Zweitens: Die Teilnehmer, die bereits mehrfach dabei waren, sind eine verschworene Gemeinschaft, die aber jeden Neuen gerne in ihre Reihen aufnimmt. Jeder von ihnen brennt für die Sache „Rennfietsentour“. Nach dem Losfahren ging es unter den alten Hasen fast nur um ein Thema: Was hast Du im letzten Jahr gemacht, um Spenden zu sammeln? Von “Waffeln backen für die Nachbarschaft” bis zur Betreuung eines wöchentlichen Lauftreffs reichten die Projekte.
Die folgenden vier Tage waren geprägt vom Motto „Back to the basics“. Übernachtet haben wir in Turnhallen, die uns die jeweiligen Gemeinden oder Städte kostenlos zur Verfügung stellten. Auch die Abendverpflegung wurde zumeist von einzelnen Teilnehmern mit Hilfe der lokalen Geschäfte und Vereine organisiert. Der örtliche Metzger spendete Hackfleisch, der Supermarkt stellte Nudeln zur Verfügung. Wir erfuhren täglich viel Unterstützung und alle Teilnehmer sind immer satt geworden.
Ob man abends das Glück hat, eine freie Steckdose für seinen Fahrradcomputer und/oder sein Handy zu erwischen, hängt stark vom Timing ab. Ähnlich verhält es sich beim Versuch, mit warmem Wasser zu duschen. Die meisten Turnhallen sind nicht darauf eingerichtet, dass 50 Rennradler zeitgleich warm duschen wollen. So bleiben zwei Alternativen: zu den Ersten zu gehören oder “Back to the basics” – mal mit kaltem Wasser duschen.
Wenn so viele Menschen in einer Halle schlafen, dann leidet die Schlafqualität enorm. Irgendwer muss immer mal auf Toilette, schnarcht oder läuft auf und ab. Ein nicht auf stumm gestelltes Handy findet sich in jeder Nacht 😉 Die persönliche Komfortzone wird ziemlich klein. Aber nur so kann man am eigenen Leib miterleben, wie es Menschen geht, die Dinge nicht haben, die man selbst für selbstverständlich erachtet.
Die Idee “Rennfietsentour” hat in mir ein Feuer entfacht. Und wie steht es so schön auf dem Westfalen Plakat gegenüber meinem Büro: „In Dir muss brennen, was Du in anderen entfachen willst“.
Auch für das kommende Jahr habe ich mir vorgenommen, an der Rennfietsentour teil zu nehmen und Spenden zu sammeln. Die Herausforderung besteht für das kommende Jahr somit aus zwei Teilen: Ich muss körperlich fit genug sein, um die Strecke zu bewältigen (aber das sollte eine gute Motivation für Trainingsfahrten an kalten und dunklen Wintertagen werden) und ich möchte viele Spenden einsammeln.
Dafür werde ich mir einiges einfallen lassen müssen. Falls Sie mich dabei unterstützen möchten, freue ich mich sehr. Eine Spendenbox* findet sich an meinem Arbeitsplatz 🙂 .
Viele Grüße
Chriss Witte
*Bei Spendenbeträgen ab 50,-€ ist die Ausstellung einer Spendenbescheinigung möglich.
Eine wirkliche tolle Aktion!
Respekt vor so viel Einsatz!
Super Sache, ich zieh den Hut davor,
600km schaff ich nur mit Akku-Unterstützung 😉